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art KARLSRUHE
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Gegenwartskunst

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Kategorie: Gegenwartskunst

Susanne Thiemann

Susanne Thiemann schloss Ende der 80er Jahre eine Ausbildung als Korbflechterin mit dem Meisterbrief ab und eröffnete ihre eigene Werkstatt in München, mit der sie sich schnell einen Namen machte. Neben der Restauration der weltberühmten Thonet-Stühle, entstanden auch Körbe und hier findet sich ihr Weg zur Kunst. Ihre Skulpturen bilden Gefäße ihrer Erfahrungen: das Nachdenken über die zyklische Natur allen Lebens; das Weben von Bahn um Bahn gleicht einer Meditation über ihre Erfahrungen zu Ordnung und Chaos sowie Regeln und Freiheit. Trotz ihrer vermeintlichen Abstraktion sind die Objekte auch biografisch und inhaltlich zu lesen: anfangs noch vermehrt gegenständliche Objekte beginnt die Künstlerin immer stärker ins Organische zu gehen, geflochtene Bahnen werden aufgeschnitten und dekonstruiert und erlauben plötzliche Zäsuren in der Ordnung. Vielleicht lässt sich diese Freiheit auch in ihren Arbeitsaufenthalten in New York lesen, wo sie bei den Künstlerinnen Frida Baranek und Nancy Davidson studierte und mehrfach als Residentin in New York am ISCP (International Studio & Curatorial Program) war. New York ist auch die Stadt in der sie die Gelegenheit hatte die Salons von Louise Bourgeois zu besuchen, die kaum wie eine andere intim und radikal ihr Leben in ihren Arbeiten verwebte.

Flechten gilt als eines der ältesten Handwerke der Menschheit. Es ist mit seiner Funktionalität stark mit der Menschheitsgeschichte verbunden: Handgemachte Geflechte, Seile, Körbe und Matten erleichtern das Leben und sind bis heute in bestimmten Regionen als Objekte überlebenswichtig. Sie erzählen die Geschichte davon, wie Menschen sesshaft wurden und wie wir lernten mit der Natur in Einklang (oder auch nicht) zu leben. Das Flechten ist eine Kulturtechnik, die tausende Jahre alt ist und weltweit praktiziert wird und regional ausgeprägt ist. Die Grenze von reiner Funktionalität wird im Moment der Wahl von Material und Muster überschritten. Hier setzt die künstlerische Praxis von Susanne Thiemann an, die Objekte schafft, die einen Dialog zwischen Körper, Material und Farbe eingehen.

Die Künstlerin befreit in ihrer künstlerischen Praxis das Flechten aus der Tradition und überführt es elegant in die Moderne. Das beginnt schon mit ihrem Einsatz von industriell geprägten Materialien wie Kunststoffschläuchen oder zerschnittenen Autoreifen. Interessant ist hier der Gegensatz zwischen der Massenanfertigung, die diesen Materialien zugrunde liegt und der minutiösen handwerklichen Leistung die, die Künstlerin an ihren Objekten ausübt.

Susanne Thiemanns Arbeiten werden häufig als Kokons bezeichnet; in der Natur wird mit dem Gehäuse junges Leben geschützt – ein Pendant im Alter findet sich nicht mehr, vielleicht ist es eher die radikale Offenheit, die dann zum Schlüssel wird oder der Schutz der Gemeinschaft, der in dieser Lebensphase hoffentlich erreicht wird. Verletzlichkeit ist jedenfalls eines der Themen, die man mal subtil, mal radikal immer wieder in Susanne Thiemanns Arbeiten sehen kann, wie auch in der Arbeit „Surrealistic Pillow“. Einer Arbeit, die sich verletzlich vor einem ausbreitet – mal drapiert, müde über einem Stuhl oder Hocker präsentiert zeigt es seine Säume und Nähte und gibt somit Preis, wie der Entstehungsprozess ablief - und dennoch schafft es die Figur einen surrealen Möglichkeitsraum aufzumachen, denn keiner hat gesagt, dass Verletzlichkeit nicht auch neue Erfahrungen erlaubt.

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