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art KARLSRUHE
Eine Veranstaltung der

Galerie Andreas Binder

Knöbelstraße 27, 80538 München
Deutschland
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Veronika Jeric-Binder

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Andreas Binder

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Unsere Künstler

Künstlerdetails

Kategorie: Gegenwartskunst

Tina Berning

Tina Berning untersucht in ihren Zeichnungen stets das Beziehungsgeflecht zwischen konditionierter Ästhetik und vermeintlicher Selbstbestimmung im gängigen Kanon der Gegenwartskunst. Mit Zeichnungen und Collagen formuliert sie ihr Bild vom menschlichen Körper, dessen Unzulänglichkeit und dessen prinzipiellen Verhältnis zur Schönheit. 

Ihre Interventionen legen einstudierte Gesten dar, die auf Zwänge und Unterdrückung verweisen. Tina Bernings Arbeiten kommentieren die vertraute Darstellung vom Menschen, der sich - gefangen im Wechselspiel zwischen Voyeurismus und Exhibitionismus - dem medialen Diktat bereitwillig unterordnet. Gleichzeitig dokumentieren ihre Zeichnungen die direkte Abhängigkeit von der Dissonanz zu der erwähnten Konvention.

Ihre Figuren sind anmutig dargestellt, doch bleibt deren Schönheit meist unvollkommen. Wie Schatten legen sich Farbschlieren über die feinen Umrisse, Körper stürzen herab und flächenartige Kleckse überlagern die Gestalt. 

Tina Berning arbeitet ausschließlich auf Papier. Meist benutz sie gefundenes Material, Krankenhausnotizen aus den 1950ern, verwaiste Auftragsbücher, Flohmarktfunde, Schallplatteninnenhüllen. Verworfene Notizen und Lineaturen, jahrzehntealte Spuren auf mürbem, oft unberechenbarem Träger mischen sich mit der Fragilität ihrer Zeichnungen und hinterfragen die Beständigkeit von Physis und Anmut.

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Kategorie: Gegenwartskunst

Giovanni Castell

Castell formuliert selbst, dass, bedingt durch die Bilderflut der heutigen Zeit, „der Zauber der Fotografie vorbei“ sei. Er möchte „weiterkommen, eine neue technische wie künstlerische Dimension erreichen“. Aufgrund dessen geht der Künstler über das Medium der gängigen Fotografie hinaus und bedient sich der digitalen Bearbeitung sowie der digitalen Malerei. Dabei verbindet er archaische und zeitgenössische Materialien und verleiht so der Gegenwartskunst eine Form, die die Vergangenheit nicht vergisst und auf ein besseres Morgen hofft.

Die Kunstwerke entstehen durch ein Siebdruckverfahren, bei dem der Künstler die Hintergründe des von ihm verwendeten Plexiglases mit Blattsilber und Blattgold beschichtet. Die Hitze des Backofens verleiht dem Plexiglas sodann die markante Wölbung. Die damit erzeugte Verschmelzung von malerischen, fotografischen und technischen Elementen wird zum Spiegel eines subjektiv erlebten, nicht eingefrorenen Augenblicks, der nur noch sinnlich wahrgenommen werden kann.

In technisch vielschichtigen, an die Farbfeldmalerei erinnernden Bildern lässt der Künstler sein eigentliches Motiv zugunsten der Auseinandersetzung mit dem Wesen von Licht, Raum und Farbe oftmals nahezu verschwinden. In vielen der in der Ausstellung präsentierten Werken ist die ikonographische Beziehung zum amerikanischen Expressionismus greifbar. Neben Arbeiten, die durch organische Formen bestechen, finden sich allerdings auch solche, die figurative Elemente aufweisen – allen voran das vordergründige Motiv der Blume. Vereinzelte in der Ausstellung enthaltene reine Landschaftsdarstellungen bilden ein Novum im Spektrum der Bildthemen Castells.

Die Farbe in den Werken Castells spielt eine tragende Rolle.  

Der Künstler richtet das Augenmerk auf den Zustand der Einsamkeit des Individuums der Gesellschaft. Technologie und Vernetzung nehmen Tag für Tag zu, Gespräche und Beziehungen hingegen werden weniger. Dementsprechend hat sich auch die menschliche Gestalt aus den Bildern Castells entfernt – und überlässt das Feld der Farbe und der Lumineszenz. Der Fokus auf der Erzeugung einer ganz einzigartigen Lichtwirkung in den Werken des Künstlers erklärt sich schlussendlich aus der Symbolhaftigkeit des Lichts für Liebe, Hoffnung, Erlösung, Glauben und Zuversicht. Die Werke von Giovanni Castell bestechen somit durch eine malerische Illusion von Räumlichkeit, in der die Immaterialität von Licht und Energie unmittelbar spürbar wird.

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Kategorie: Gegenwartskunst

Ariamna Contino

Ariamna Contino:
Mein Interesse an Arbeiten auf Papier, insbesondere an der Technik des Aufschneidens, ist auf meine Spezialisierung auf Grafik während meiner Ausbildung an der Kunstakademie zurückzuführen. Dort lernte ich die Tradition aller Gravurtechniken kennen. Mein Interesse für die Handschnitttechnik und das Papier als Material hat jedoch einen wichtigen Platz in meiner künstlerischen Arbeit eingenommen.

Der Handschnitt ist ein grundlegendes Prinzip in der Ausbildung zum Graveur und besteht aus dem Schneiden mehrerer Papiere, die, zusammengeklebt, die Figuren bilden. Ausgehend von diesem Prinzip habe ich das traditionelle Verfahren zerlegt, indem ich nur weißes Papier oder weiße Pappe verwendet habe, wobei ich die Pappe in einigen Fällen gebogen und gefaltet habe.  Wenn ich eine Schicht von der anderen trenne, entsteht eine Art Dreidimensionalität in den Figuren.

Die Idee, eine Schicht zu trennen, bedeutet, ein Bild zu rekonstruieren, es zu analysieren, seine Essenz zu suchen, aber auch Bedeutungen zu verstecken und zu entdecken, was die konzeptionelle Struktur ist, die ich bei der Schaffung meiner Bilder verwende.

Papier ist ein erstklassiges Material, die Grundlage für jeden Darstellungsprozess. Es ist instinktiv und edel; man kann es zerreißen, falten, darauf zeichnen und es sogar zusammensetzen. Da es gleichzeitig zerbrechlich und scharf ist, kann ich eine Dualität zwischen zart und gefährlich schaffen. Ich arbeite auf Papier wegen seiner poetischen und symbolischen Fähigkeit.

Die Wahl des handgeschnittenen Papiers als Technik und des Papiers als Trägermaterial war nicht zufällig. Es ist auch ein Teil meines Sinns für Beobachtung und Assimilation der Umgebung und meiner eigenen Erfahrungen.

Diese Grundstruktur in technischer Hinsicht und die Recherche vor jedem meiner Projekte ist eine methodische Arbeit, die ich normalerweise in meinen Werken anwende.

Der Entstehungsprozess meiner Kunstwerke beginnt mit der Recherche und der Auswahl eines Bildes. Später zeichne ich jede Kartonschicht, die Teil des Kunstwerks ist.  Jedes Stück kann in mehreren Schichten strukturiert werden, die mit dem Bild der Tiefe in Beziehung stehen. Danach schneide ich jede Schicht auf unabhängige Weise aus.

Diese methodische Arbeit ist sehr komplex, da alle Arbeiten in der Manufaktur ausgeführt werden.  Außerdem kann sich das ursprüngliche Projekt im Laufe des Prozesses je nach Endergebnis ändern.

Infolgedessen nimmt der Entstehungsprozess jedes Kunstwerks mehr Zeit in Anspruch als gewöhnlich. 

Aber es ist sehr wichtig zu erklären, dass bei der Weiterentwicklung meiner Arbeit in Laubsäge-/Drahtziehtechnik mein Ausgangspunkt ein Konzept oder eine Idee ist, zusätzlich zur formalen Arbeit mit dem Material. Ich bin daran interessiert, eine Metapher zu entwickeln, die durch die technischen Möglichkeiten ergänzt wird.

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Kategorie: Gegenwartskunst

Matthias Meyer

Seit Anbeginn seines künstlerischen Schaffens zählen Landschaften zu den zentralen Motiven seiner Gemälde. Stets den Blick auf die Natur und deren malerische Umsetzung im Spiel mit den Elementen richtend, wendet er sich nun in seinen neuen Wald- und Seenlandschaften vermehrt der detaillierten Abbildung der Pflanzenwelt zu. Nicht mehr allein die malerische Sichtbarmachung der subjektiven Wirkungsmacht der Natur steht im Mittelpunkt großformatiger Leinwandarbeiten, vielmehr wird die Natur konkret in ihrem dichotomen Verhältnis von Schönheit und Gefahr benannt.

Und so wie die Natur in ihrer Fülle und vollkommenen Ästhetik gleichzeitig in ihrer Vielschichtigkeit schwer zu fassen ist, so wenig lassen sich auch Meyers Werke an der Oberfläche Ihres Gegenstands oder ihres malerisch-technischen Duktus deuten. Vielmehr spiegelt sich in Meyers Landschaftsgemälden das Wagnis wider, sich - ungerührt von postmodernen Kunstdiskursen - der Essenz der Malkunst und den Wundern der Natur zu widmen. Auf subtile Art und Weise konfrontiert uns der Maler hier mit der Dissonanz von irdischer Ewigkeit und Endlichkeit, Utopie und Dystopie, Material und Reflexion.

Dabei scheint es fast, als würden seine Motive auf der Leinwand zur Spielwiese und Projektionsfläche für die künstlerische Auseinandersetzung mit den Analogien der Materialität von Natur, Malerei und dem Leben selbst. Die Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit des Wassers beispielsweise, die ermöglicht, dass Licht und Umgebung gleichermaßen aufgenommen und gespiegelt werden, wird vom Künstler mit Leichtigkeit durch die Kombination von durchlässigen Farbschichten, einer linearen Komposition und dem gezielten Einsatz von Farbe als strukturierendem Element bildhaft wiedergegeben. So wird die Dichte des Waldes und die Unstetigkeit des Wassers in einem Moment der Stille eingefangen und ermöglicht uns einen Blick in das Dahinter und Darunter einer von Schönheit und Gefahr gleichermaßen erfüllten Welt. Dabei geht die Bewusstwerdung der Zerstörungskraft der Natur einher mit der Erkenntnis der Gefahr, die wir Menschen für sie sind und macht einmal mehr deutlich, dass die Welt nur im Einklang von Mensch und Natur weiterbestehen kann.

Diese inhaltliche Komponente spiegelt sich schließlich auch in der konkreten Vorgehensweise des Künstlers wider: so bedient Meyer sich nicht nur Fotografien als Vorlage für seine Gemälde, auch die Ausfertigung folgt einer geometrischen Komposition, die sich an der Tradition der Farbfeldmalerei orientiert und der dann ein davon losgelöster, improvisierender Schaffensprozess folgt. Die abstrakte Andeutung der Landschaft, kombiniert mit dokumentarischen Details im Spiegel des konzeptionellen Aufbaus ermöglichen so, die nicht definierbaren Bildräume der Natur wiederzugeben. Meyer folgt bei dieser Vorgehensweise der Auffassung, dass sie sich die Malerei – analog zum Leben – in einem immerwährenden Fluss befindet, bei dem das Bild „ein Eigenleben entwickelt und sich dabei beinahe etwas natürliches bewahrt“. Die Arbeit mit stark verdünnter Ölfarbe und Lösungsmitteln, die zufälligen Farbverläufe, Verwischungen und Überlagerungen machen das deutlich.

So mündet die Hinwendung zu Konzeption und Bildhaftigkeit in seiner Praxis in ein Prinzip der Formlosigkeit, bei dem die Farbe als den Bildraum komponierendes Mittel autonom eingesetzt wird.

Dank dieses technisch-konzeptuellen Ansatzes scheint es Matthias Meyer zu gelingen, nicht nur den Antagonismus zwischen Figuration und Abstraktion, Schönheit und Gefahr, sondern auch den zwischen Kunst, Natur und Leben zu überwinden.

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Kategorie: Gegenwartskunst

Yigal Ozeri

Der Künstler Yigal Ozeri hat sich dafür entschieden, den American Diner als bedeutende amerikanische Ikone in den Mittelpunkt
seiner neuen Werkgruppe zu stellen. Eine Institution, deren Bild sich in den „American Way of Life“ eingeprägt
hat. Ästhetisch fängt Ozeri die attraktivsten Retro-Elemente ein, von den Möbeln bis zur Beleuchtung. Die
verchromten Accessoires spiegeln Neonakzente und kräftige Linien in leuchtenden Farben wider. Antike
Erinnerungsstücke finden ihren Weg in der Komposition und verleihen ihnen eine charmante Nostalgie
vergangener Zeiten.

Viele kulturelle amerikanische Artefakte fallen unter die Definition von Americana; einige sind nur verblasste
Begriffe, die typischerweise mit Quintessenz-Elementen der amerikanischen Kultur assoziiert werden. Symbole
wie die Route 66, Coca-Cola, Levi's Jeans oder Apple Pie, um einige zu nennen, haben alle den "amerikanischen
Charme", den wir uns vorstellen, wenn wir an dieses Wort denken. Heute nimmt der American Diner seinen
rechtmäßigen Platz vor allem im amerikanischen Hinterland ein und hinterlässt seine Spuren auch für künftige
Generationen.

Der American Diner war schon immer ein Zufluchtsort, ein öffentlicher und zugleich persönlicher Raum, er
positionierte sich klassengesellschaftlich irgendwo zwischen einem Imbiss und einem Restaurant. Es war ein
respektabler Ort für die Arbeiterklasse, ein begehrter Treffpunkt für High-School-Kinder und ein erschwingliches
Essenserlebnis für Familien. Der American Diner war ursprünglich eine erfrischende Kuriosität, die die sozialen
Grenzen in einer Zeit lockerte, in der das Essengehen vor allem ein Privileg der Elite war.

Als zusätzliche Komponente zum klassischen Unterton seiner Gemälde fügt Ozeri in diese Serie zeitgenössische
Details ein, die sich für immer in unsere kollektive Psyche eingebrannt haben und sie gleichzeitig zeitlos und
zeitspezifisch machen. Die aktuellen Implikationen von COVID-19 reichen von einer Kellnerin, die eine Maske
trägt, über ein Körpertemperatur Messgerät am Eingang bis hin zu einem Schild mit der Aufschrift "barely there"
(kaum da). Ozeri stellt das Neue dem Alten gegenüber, was diese Serie vielschichtig und komplex macht. Er
bleibt seinem malerischen Ansatz treu und kombiniert scharfe, detaillierte Pinselstriche mit ungegenständlicher
Malerei. Untermalt von gefühlvollen Bildern retrospektiver Architektur und Interieurs, erwachen seine Gemälde
zum Leben, indem sie den Raum zwischen dem Physischen und dem Abstrakten einfangen.

Diese Serie steht für mehr als nur die offensichtliche Symbolik, sie verkörpert auf vielen Ebenen den American
Dream. James Truslow Adams, der den Begriff American Dream 1931 in seinem Buch Epic of America schuf,
sagte dazu: "Der amerikanische Traum ist ein nationales Ethos der Vereinigten Staaten, eine Reihe von Idealen,
in denen Freiheit die Möglichkeit zu Wohlstand und Erfolg einschließt, sowie eine aufsteigende soziale Mobilität
für die Familie und die Kinder, die durch harte Arbeit in einer Gesellschaft mit wenigen Barrieren erreicht wird."
Hier schließt sich für Ozeri der Kreis, denn auch er ist 1991 mit seiner Familie nach New York eingewandert, in
der Hoffnung, genau das zu erreichen.

Americana bietet ein neues Thema für den Künstler. Es befasst sich mit den Themen Vergangenheit und
Gegenwart in der amerikanischen Symbolik und erforscht das Konzept des amerikanischen Traums in der
Gegenwart. Die Serie ermöglicht es dem Künstler, seine Erkundung von Identität und Intimität vor einem sich
wandelnden kulturellen Hintergrund fortzusetzen.

Text: Shear Ozeri

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Kategorie: Gegenwartskunst

Julio Rondo

Der Malerei hinter Glas stets treu geblieben, bewegen sich Julio Rondos Arbeiten zwischen abstrakter Malerei und Objekthaftigkeit. Die zunehmende Dominanz des Pinselstrichs als elementarstes künstlerisches Ausdrucksmittel des Malers lässt dabei die für ihn charakteristischen Bildräume entstehen, in denen der Künstler nicht allein die erinnerte Vergangenheit, sondern eine erlebte Gegenwart in ihrer ganzen Subjektivität und Stringenz einfängt und konserviert.

Der malerische Auftrag ist dabei Ergebnis einer dem bildschaffenden Prozess vorangegangenen Planung von Technik, Mitteln und Komposition und entspricht nicht einem expressiven, spontanen Akt der Malerei. Sich aus seinem individuellen, visuellen Archiv bedienend, schafft Rondo mit schnell trocknender Acrylfarbe, eindrückliche Dokumente eines Lebens, die - ohne seine Umwelt mimetisch abzubilden - Gefühle, Gedanken und Wahrnehmungen als Malerei zu aktivieren vermögen. Die runden, organischen Formen aus früheren Werken verschwinden und weichen geometrischen Farbfeldern, die durch das Medium des Auftrags aus der Starre ihrer Form gelöst, eine dreidimensionale Lebendigkeit im Bild entwickeln.

Ähnlich wie die Erinnerung in ihrer Färbung, aber niemals identisch mit dem objektiv Erlebten, sind auch die neuen Arbeiten nicht lediglich das Resultat der natürlichen künstlerischen Entwicklung des Künstlers. Vielmehr transportieren sie eine Energie, die sich - fernab von jeglichem verbalen oder intellektuellen Ausdruck - allein aus dem jetzigen Moment speist und im Bildraum festgehalten wird. Die Farbwahl spiegelt dabei die von der grellen Popkultur geprägten vergangenen Jahrzehnte wieder und macht sie zum festen Bestandteil des Jetzt. So gelingt es Rondo die nicht fassbaren, subjektiv wahrgenommenen, kollektiven Grundstimmungen und individuelle Erfahrungen, die durch die Filterfunktion des Gedächtnisses stets in den Hintergrund rücken, durch einen künstlerischen Abstraktionsprozess in seinen Gemälden einzufangen.

Die Abstraktion dient hier weder dem Ausdruck des Kontextverlusts des postmodernen Individuums, noch erhebt es die Werke in eine Sphäre der Autonomie. Vielmehr lässt sich von einer Art „Romantischen Abstraktion“ sprechen, die zwischen Intellekt und Gefühl eine weitere Form der Wahrnehmung ermöglicht, die Vergangenheit und Zukunft zugunsten des Erlebens der Gegenwart als geistige Konstrukte offenbart.

Die Referenzlosigkeit ist dabei trotz bewusst aleatorischer Benennung der Werke jedoch nicht derart absolut, dass ein Zugang nur diskursiv kunstimmanent möglich wäre; Rondo stellt seine Kunst in einen Zusammenhang mit dem alltäglichen Leben, indem er die persönliche Erfahrung in Bildobjekte verwandelt, die logozentrisch nicht erkennbare Stimmungen abbilden. Ohne jeglichen Wahrheitsanspruch macht der Künstler also die sich stets von der Vergangenheit speisende und gleichzeitig von ihr losgelöste Gegenwart in ihrer Essenz erfahrbar. Denn trotz und gerade aufgrund der autobiographischen Färbung seiner Werke, wird in ihnen und durch sie deutlich, dass jedes Erleben und jedes Kunstwerk individuell und spezifisch ist und dass Leben und Kunst nicht das Ergebnis des Vorangegangen sein müssen, sondern jedem Augenblick das Potential für Neuerfindung innewohnt. 

Text: Leni Senger

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Kategorie: Gegenwartskunst

Luzia Simons

Mit der kontinuierlich sich weiter entwickelnden Serie Stockage wurde Luzia Simons zur Pionierin des
Scanogramms.

Die Stockage (dt.: Lagerung) Arbeiten machen deutlich, dass es sich bei den
großformatigen Blütenstillleben nicht einfach nur um eine Hommage an die barocke Malerei und die
Rezeption des Vanitas-Motivs handelt. Vielmehr beschäftigt sich die Künstlerin hinter der ästhetischen
Oberfläche ihrer zwischen Fotografie und Malerei angesiedelten Werke mit zentralen Fragen der
Identität als soziokultureller Konstruktion und einem globalen Bewusstsein im Spiegel kultureller
Unterschiede und Besonderheiten.

Angesichts dieser Schnittstelle zwischen offensichtlichem und kulturellem Code, zwischen nacktem
Abbild und Metapher, entwickelte Simons ab 1995 ihre eigene Aufnahmetechnik: das Scanogramm.
Mithilfe dieser Technik werden Blüten und Pflanzen unmittelbar gescannt. Die Besonderheit dieser
Prozedur besteht darin, dass hier die Sichtweise auf das Motiv – anders als in der Fotografie – ohne
zentralen Blickwinkel auskommt und der Akt der Ablichtung in direkter Weise geschieht. Einst
konstruiert zur Digitalisierung von Dokumenten hat der Scanner weder Linse noch Fokus. Er kennt nur
das Nebeneinander, bei dem die Nähe bewirkt, dass alles Vordergründige gleichermaßen hell und
detailgenau ist und sich alles tiefer Gehende perspektivlos im Dunkel verliert.

Objektiv und ungeschönt baut der Scanner Pixel für Pixel ein Abbild der Blumen auf, wobei nicht nur die
idealen Formen aufblühender Schönheit, sondern auch die Fehler, Störungen und der beginnende
unaufhaltsame Verfall sichtbar werden. Die Ikonografie der Blume als künstlerische Position, die
fotografischen Hyperrealismus und metaphorische Absicht miteinander verbindet, wird so bei Luzia
Simons zum Symbol für kulturelle Migration, interkulturellen Austausch und die damit verbundene
schleichende Veränderung ästhetischer Bedeutung im Spiegel einer globalen Ökonomie.

In der Natur verständigen sich die Pflanzen durch Informationsnetze von unterirdischem Myzel. In
Anspielung an solche natürlichen Kommunikationsprozesse wurde die neueste Wandtapisserie Tendenz
Endlos mit Ornamenten in Form von Linien, Punkten und Zeichen bestickt. Zahlreiche, mit der Künstlerin
vernetzte Personen haben über einen Zeitraum von drei Jahren durch immer neue kreuz und quer
Interventionen die vorgegebenen botanischen Motive untereinander in Beziehung gesetzt. Wachstum
wurde zu einer Bewegung abstrahiert, die nicht nur Räume und Zwischenräume verbindet, sondern auch
über die Wandtapisserie hinausweist – in einem tendenziell endlosen Prozess, an dessen Ausgangspunkt
die Scanogramme Simons` Tulpenbilder standen. Inspiriert ist das Projekt unter anderem auch von der
Vorstellung einer „unendlichen Naturgeschichte“ (Paul Klee).

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Kategorie: Gegenwartskunst

Haiying Xu

Das Thema Sanbaishan (Dreihundert Berge) ist die jüngste Entwicklung der Künstlerin Haiying Xu, der sie sich seit 2018 intensiv widmet und die grob in zwei Phasen unterteilt werden kann. In der ersten Phase wählte die Künstlerin als Verbindungsträger zwischen Menschen und Natur ein gelbes Boot, in der zweiten und aktuellen Phase ist der Verbindungsträger der Heißluftballon.

Große Wasserflächen prägen neben unzähligen hohen Bergen und Wäldern den Ort Sanbaishan. Die Künstlerin identifiziert sich mit den vielfältigen Erscheinungsformen des Elements Wasser. Der aus dem Wasser aufsteigende Nebel, der der Landschaft einen impressionistischen Charakter verleiht, verbindet die Wahrnehmung der Künstlerin mit der von ihr intensiv studierten traditionellen chinesischen Berg-Wasser-Malerei. Auf den großformatigen Ölgemälden ist kein Boden zu sehen. In diesem schwebenden Gefühl, mit einem Boot auf dem Wasser zu fahren, das die Künstlerin nach einem Ufer sehnen lässt, scheint das gelbe Boot die einzige Rettung zu sein, um sich im Nebel wieder orientieren zu können. Gelb ist die hellste Farbe in der Farbskala. Ihre Entscheidung, eine leuchtende helle Farbe vor einem düsteren Hintergrundfarbton zu malen, zeigt ihr Bemühen, Hoffnung zu finden. Die künstlerische Verarbeitung der Naturstudie von Haiying Xu deutet ihre eigenen Seelenqualitäten an, dass sie für Stimmungen empfänglich ist. Dies ist der Leitgedanke der traditionellen chinesischen Malerei, mit der sich die Künstlerin intensiv auseinandergesetzt hat.

In der zweiten und zugleich aktuellen Schaffensphase zu diesem Thema erhebt Xu ihren Blick vom Wasser in die Luft. Das Gefühl des Schwebens dramatisiert sich, die konkreten Naturlandschaften abstrahieren sich allmählich ins Dimensionslose, die Protagonistinnen verlassen den Boden und erheben sich in die Luft. Der kühle Farbton ihrer ersten Schaffensphase verwandelt sich in ein Rosa, das es in der Umgebung von Sanbaishan nicht gibt. All diese Veränderungen führen dazu, dass die aktuellen Werke surrealistischer geworden sind. In ihrer künstlerisch-geistigen Transformation, in der Haiying Xu versucht, ihre Bilder zu verfremden, möchte sie menschliche Gefühle hervorheben, die rational nicht erklärbar sind. Wie fühlt es sich an, als chinesische Künstlerin in Deutschland zu arbeiten, zu leben. Wo liegen die kulturellen Unterschiede weiblicher Identität in Ost und West? Auf dem Weg ihrer persönlichen Suche nach Antworten entdeckt sie die Dimension des Unbewussten, die wir in unseren Schatten verdrängt haben, weil wir uns im alltäglichen Umgang mit unseren Mitmenschen bewusst oder unbewusst vor allem um ein perfektes Selbstbild bemühen, das der gesellschaftlichen Norm entspricht.

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Kategorie: Gegenwartskunst

Jan Davidoff

Das für Davidoff Werke charakteristische Bildthema ist die Auseinandersetzung mit
der Natur als Essenz alles Vergangenen und Zukünftigen. Mal eingefangen im Mikrokosmos des Stilllebens,
mal wiedergegeben in der Unendlichkeit der Landschaft: stets verbirgt sich hinter der vermeintlich reduzierten
Motivwahl etwas Tieferes.

Wie ein Künstler der Romantik wandelt Davidoff durch seine unmittelbare Umgebung, findet im Bekannten
etwas Traumhaftes und Mystisches, sucht dort das Fremde und die Einsamkeit.
Auch das immer wiederkehrende Motiv des Hauses wird in diesem Spannungsverhältnis beleuchtet: als Zeichen für
menschliches Leben, als Hauptkulisse des Alltags, haftet ihm in Davidoffs Werken etwas Geheimnisvolles, zuweilen Unheimliches an. Die Unsicherheit darüber, was sich hinter der Tür verbirgt oder was hinter dem Fenster geschieht, vermittelt das kollektive Gefühl einer Zeit, in der das Ungewisse fester Bestandteil des alltäglichen Lebens geworden ist.

Dabei bleibt Davidoff seinem Stil und seiner künstlerischen Vorgehensweise, bei der er Fotografien als Vorlage
großformatiger Leinwandarbeiten nutzt, treu. Obgleich die Farbauswahl immer reduzierter wird, so gewinnt das
Zusammenspiel von Hintergrund- und Motivwahl zunehmend an Bedeutung. Während die Leinwand selbst durch
den Auftrag verschiedenster Material- und Farbschichten - u.a. Marmormehl, pure Farbpigmente, gemahlenes Glas,
Glimmer und Kunstharz - Materialität und Vielschichtigkeit suggeriert, entsteht die eigentliche Tiefe der Arbeiten
erst durch den Übertrag des figürlichen, nahezu holzschnittartigen Motivs auf die Oberfläche und den so
entstehenden Bruch. Durch Brandspuren eines Lasers werden beispielsweise die Motive bei einer seiner neuen
Techniken auf Karton übertragen und anschließend mit Kunstharz überzogen.

Die Verschmelzung von Figuration und Abstraktion spiegelt dabei den nur vermeintlichen Gegensatz von Hier und
Dort wider und macht einmal mehr deutlich, dass das Leben nur im Jetzt gelebt werden kann. Auch wenn Davidoffs
Werken die Sehnsucht nach dem Anderen innewohnt, so steckt in ihnen doch die Kraft des Moments, der
unabhängig ist von Zeit und Ort.
Text: Leni Senger

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Kategorie: Gegenwartskunst

Anna Krammig

In den vorerst reduziert wirkenden Gemälden von Anna Krammig steht nicht das gegenständliche Motiv im
Mittelpunkt. Vielmehr wird der räumlich und zeitlich begrenzte Augenblick im Spiel mit Licht und
Schatten, Farbe und Flächen, zum eigentlichen Bildinhalt.
Diese Momentaufnahme ist jedoch kein Abbild der Erinnerung. Davon ausgehend, dass die
wirklichkeitsgetreue Wiedergabe einer Szenerie, einer Person oder eines Gegenstands grundsätzlich eine
Distanz zwischen Abgebildetem und Betrachter erzeugt, widmet sich die Künstlerin ganz dem
Nachleuchten des Moments.
Krammig spielt mit dem der bildnerischen Repräsentation inhärenten Charakteristikum der grundlegenden Abwesenheit
des Dargestellten im Bild. So ermöglicht erst die Absenz des Repräsentierten dessen Darstellung. Das
direkteste künstlerische Mittel zur Sichtbarmachung des Abwesenden ist dabei die Abbildung der Spur.
Seien es Schatten oder Spiegelungen, auf Wänden oder im Wasser, im Innen- oder Außenraum, Türen
oder Fenster, stets verweisen ihre Arbeiten auf die Anwesenheit des Nicht-Sichtbaren – eines
„Dahinters“, das den Urgrund der Leuchtkraft der Gemälde ausmacht.
Dieses „Zeigen durch Verbergen“, das immer wieder in den gedichtartigen Notizen der Künstlerin
vorkommt, sowie „Vielschichtigkeit – Mehrdeutigkeit – Dialog“ bei der Wahl des Bildthemas, wird
insbesondere in ihren Studien von Wassertieren deutlich. Das vordergründige Motiv der Qualle besticht
durch die handwerkliche Präzision der Malerin, die eine oszillierende Unterwasserwelt scheinbar greifbar
macht. Dennoch wird dem Betrachter durch gelegte Fährten, verdeutlicht, dass es um mehr als die
künstlerische Auseinandersetzung mit dem Element Wasser geht: eine Hand verweist hier fragmenthaft
auf die Anwesenheit eines Kindes. Dabei ist unklar, ob diese Hand sich einem etwaigen Aquarium nähert
oder aber der Leinwand, der sich die Künstlerin zuwendet. Geht man jedoch davon aus, dass der
Bildraum zwei unterschiedliche Ort- und Zeitebenen abbildet, so gelingt es der Künstlerin die Distanz
zwischen Abgebildetem und Betrachter auf ein Minimum zu reduzieren. Die zwar unsichtbare, aber
eindeutig anwesende Person wird also zum Bestandteil des künstlerischen Ergebnisses selbst.
Diese Herangehensweise erzeugt einen Raum der Präsenz zwischen Bild und Betrachter, ihrer
Interaktion. An dieser Stelle erkennen wir, dass Anna Krammigs Werke mehr vermögen, als eine
Erinnerung retrospektiv einzufangen und abzubilden – per definitionem ein innerlicher und kognitiver
Prozess. Vielmehr macht sie die Magie eines Augenblicks – sein Nachleuchten – mit allen Sinnen
wahrnehmbar.
Text: Leni Senger

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Über uns

Galerie-Information

Die Galerie Andreas Binder startete 1991 als Programmgalerie für zeitgenössische Kunst in München und zeigt aufstrebende und etablierte internationale zeitgenössische Künstler, die mit unterschiedlichen Medien wie Malerei, Fotografie, Film und Installation arbeiten. Neben der Galerie in München leitete Andreas Binder von 1995 bis 1998 den Projektraum in Berlin, wo Künstler wie Fred Sandback, Lawrence Weiner und Matt Mullican eingeladen wurden, in situ Projekte zu realisieren. Die Galerie Andreas Binder hat seit ihren Anfängen intensiv an verschiedenen Kunstmessen in den USA, Europa und Asien teilgenommen, u.a. Vienna Contemporary, Art Cologne, Art Basel, Art Paris, Art Miami, Art New York, Volta New York, Volta Basel, KIAF Seoul, Art Central Hongkong, etc. 2021 feierte die Galerie ihr 30-jähriges Bestehen.

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Unternehmensdaten

Gründungsjahr

1991