FERRO
Seine Sturm und Drang Zeit – zwischen lustvollem Anecken im erzkatholischen Rheinland, erlebte FERRO im kreativen, kölschschwangeren Dunstkreis von Ingo Kümmel und seinen FLUXUS Kumpanen, wo er seine Initiation erfuhr, um in den 70er Jahren mit seiner Punk Band „Jet Ferro“ sogar auf der DOCUMENTA VI und der damals frisch etablierten ART BASEL sein provokantes Unwesen treiben zu dürfen - und der Aufforderung zum Widerstand gegen biedere Anpassung im puristisch reformierten Zürich, wo er von 1980-90 sein „Bumper to Bumper“ Wuttheater als Author und Darsteller begründete.
Genug des performativen Verschleisses zog der in Bensberg bei Köln geborene Österreicher FERRO weiter, um Balance zu finden, besann sich seines Studiums der Metallbildhauerei an der Fachhochschule für Kunst und Design in Köln und fand sich und zu dem, was ihn heute als Künstler auszeichnet in New York.
Seine dort in den 90er Jahren entstandenen Zeichnungen erklären, warum die sanfte Poesie seiner filigranen Liniengeflechte uns an in den Raum transponierte, vieldimensionale Partituren denken lassten. FERRO hat sich auf einen absolut eigenständigen, neuen Weg begeben und das „Mobile“ souverän neu gedacht, wenn seine Arbeiten wie strenge grafische Notationen -ähnlich den Kompositionsniederschriften wichtiger Zeitgenossen wie Cage, Feldman oder Stockhausen – im Raum schweben, er mit seinem sensiblen Vokabular der Schwere des Materials immaterielle Leichtigkeit einhaucht, zum spielerischen Tanz von Licht und Schatten verführt und dem langen Kapitel über Zeit und Raum ein weiteres anfügt.
Mehr noch an Bezügen zur Musik ? Der US-amerikanische Komponist James Tenney, Schüler von Edgar Varése und John Cage hat für seine Kompositionen – die beiden kannten einander nicht – eine ähnliche Notenschrift verwendet wie FERRO bei den Verknüpfungen seiner Skulpturen.
Das schon 2021 in der grandiosen Ausstellung „Negativer Raum“ im ZKM vorgestellte Mobile „Linienschiff 23:31“ ist ein Beispiel aus einer Familie von Werken, die aus sorgfältig arrangierten , in Balance ruhenden superfragilen Metallstäben bestehen, die den sie umgebenden Raum besetzen, um mit ihm auf subtile Weise zu interagieren. Behutsam antworten sie bereits auf zaghafteste Luft- oder thermische Geschehnisse, eine Berührung
mit sanfter Ingangsetzung einer immer wieder kehrenden Bewegung, deren vages Schattenspiel in Folge auf der Wand in Erscheinung tritt. Das Objekt inszeniert sich selbst als Akteur, stetige Transmission und Veränderung zelebrierend.
In seinen Wandreliefs, den „Colour Installations“ spielen direkt auf der Wand oder intensiv monocoloren Metallpaneelen in exakten Abständen angebrachte Metallstäbe raffiniert mit dem Auge des Betrachters, das nicht auf den ersten Blick deren Dreidimensionalität erkennt, sondern zur visuellen Investigation aufgefordert wird. Wie bei den „Hanging Mobiles“ erschließt sich dem Auge eine minimalistische Partitur: pralle Farbfülle paart sich mit sanfter Bewegung
Die Werkgruppe „Colour Spaces“ endlich suggeriert jeweils kleine Bühnenräume. Zarte Metallgebilde – vielleicht Maquetten künftiger Projekte – präsentieren sich in suggestiven, auf der Betrachterseite offenen Farbräumen. Inszenierte Soloauftritte in Parallelwelten, in der eigene Regeln, Gesetzmäßig- und Zeitlichkeiten herrschen. Einmal mehr betont FERRO den zeitlichen Aspekt und deutet eine weitere, die vierte Dimension an.
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