albertrichard Pfrieger
Die Pinselzeichnungen bewegen sich an der Grenze zwischen roher Geste und philosophischer Fragestellung. Ein einzelner Strich ist roh, ungehobelt, oft unfertig, bricht er dennoch frühzeitig aus der Bildfläche aus und verweist auf eine Malerei jenseits der Vollkommenheit. Die Arbeiten scheinen in improvisierter Gleichzeitigkeit zu entstehen, wobei sich Linie, Fläche und Form zu einem fragilen, doch intensiven Geflecht verbinden. Es ist die Macht der Ungehobeltheit: Der Gedanke wird nicht veredelt, sondern direkt in den Malprozess eingespeist. In diesem Sinne folgt die Serie einer écriture automatique ähnlichen Logik, in der archaische Energien aus dem Unbewussten heraufsteigen und sich in spontane Gesten übersetzen. Es entsteht eine Spannung zwischen Gegenständlichkeit und Gegenstandslosigkeit und fordert den Betrachter heraus, Bedeutungen zu verhandeln. Die Reduktion von Fülle, die Abkehr von orchestraler Harmonie, der bewusste Verzicht auf glatte Oberflächen. So entsteht eine Kunst von Verzicht, die dennoch reich an Suggestion, Erinnerung und Ambivalenz ist. Titel und Bild sprechen miteinander, ohne alles zu erklären; sie laden ein, Räume des Assoziativen zu betreten und die eigene Wahrnehmung zu schärfen. In dieser Malerei wird Innovation nicht durch neue Stilformen gemessen, sondern durch die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit wieder auf das Wesentliche zu lenken: auf das, was sich im Moment des Strichs zwischen Erinnerung, Erwartung und Ungewissheit entfaltet.
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