Kerstin Vegelahn
Kerstin Vegelahn (Hamburg1965)
Eine Künstlerin, deren Hamburger Herkunft beim Betrachten ihrer Bilder in Erstaunen versetzt; so anders stellt man sich die Kunst aus Deutschlands Norden vor! Strahlende Farbflächen, amorphe Strukturen, vereinzelt bunte Punkte sich einer exakten Anordnung zumeist entziehend. Dazu und dazwischen oftmals kleinere, andersfarbige Gebilde, die mitunter einen mutigen Kontrast zum Bildgrund bieten, zum Beispiel hellblau zu gelb.
Kerstin Vegelahns langjähriges Leben und Arbeiten in Asien, das Studium an der Kunstakademie in Barcelona sowie ihr durch viele Reisen geprägtes Weltbürgertum haben das Fundament dieser kreativen Handschrift gelegt. Ihre besondere künstlerische Ausdrucksform wurde durch umfangreiche visuelle Eindrücke auf unterschiedlichen Kontinenten inspiriert. Sie hat es sich nicht leicht gemacht. Im Gegenteil – und das beweisen ihre Werke – hier ist eine forschende, mit sich ringende Malerin unterwegs, die so viel mehr will und zeigt als gefällige Farbsegmente auf einer farblich interessanten Leinwand zu präsentieren.
Die ureigenen Farben von Kerstin Vegelahn bestehen aus speziellen Pigmenten, die in reines Bienenwachs, zuvor erhitzt, eingebracht werden. Lage für Lage werden dann unterschiedliche Farben auf die Leinwand aufgetragen. So entstehen Bildoberflächen von einer gewissen Massivität, die in einem zweiten Arbeitsschritt mit eigens von ihr entwickelten Werkzeugen geöffnet werden, sich dem Bildgrund entgegenarbeitend. Das herausgearbeitete Material wird wieder eingeschmolzen, dient danach – zusätzlich zu den Pigmentfarben – der Herstellung einzigartiger „Vegelahn-Farben“ für die Bildbeschichtung.
Diese zahlreichen und aufwändigen Arbeitsschritte, die Tage, manchmal Wochen in Anspruch nehmen, bedingen einen Prozess, der die Künstlerin in ihrem Atelier oftmals alles um sich herum vergessen lässt. Nur so wahrscheinlich können die zunächst fremdartig wirkenden Gebilde in den Bann schlagen, unsere eigenen Assoziationen anregend. Sind es vielleicht Erdteile, sind es Computer-Platinen, ein Blick ins Weltall, die Reise in unsere Gedankenwelt – angeordnet, verwirrend und verloren zugleich?
Kerstin Vegelahn´s Hineinbohren in den Bildgrund mit der zusätzlichen Kennzeichnung eines jeden „Bohrloches“ durch eine wunderbar- polychrome Farbigkeit (auf den ersten Blick gleichen sie glänzenden, buntglasierten Porzellanköpfen) fesseln den Blick des Betrachters fast zwangsläufig. Das dahinterstehende Ringen mit der Bildfläche, in das die Künstlerin so überbordende Kreativität einfließen lässt, ermöglicht bei der Konfrontation mit dem fertigen Kunstwerk eine immer seltenere Erfahrung – Innehalten, Entdecken, schließlich Freude, wenn dieses gelingt. Das Strahlen der Farben wirkt wie ein Lockmittel, heranzutreten an eines der Bilder. Wer sich darauf einlässt, hat die Chance zu einer Reise in die eigene Fantasiewelt. Mit ihrer außergewöhnlichen Arbeitstechnik, der wunderbaren Farbigkeit schafft die Hamburger Künstlerin eine überraschend inspirierende Kunsterfahrung.
Juliana Schaart, M.A.
September 2021
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